Warmblüter Trakehner Abstammung


1232 kam der deutsche Ritterorden nach Ostpreussen und brachte natürlich auch die für seine gepanzerten Reiter erforderlichen Streitrosse mit. Diese leichten bis mittelschweren Kaltblüter deutschen und dänischen Ursprungs wurden dann in den zahlreich angelegten Ordensgestüten in Reinzucht gezogen. In Ostpreußen gab es aber bodenständig noch weitere Pferderassen: neben Wildpferden eine aus kleinen, unscheinbaren, flinken, unverwüstlichen und genügsamen  Individuen bestehende Rasse, die Schweiken, die von den heidnischen Pruzzen, schon mindestens seit 900 v. Chr. gezüchtet wurde. Die Schweiken waren eine  Pferderasse, die dem Tarpan nahestand, mit brauner, graubrauner, mausgrauer oder Falbfarbe und Aalstrich. Die Nachkommen finden sich noch heute verbreitet in Südostpreussen. Es sind Pferde mit einem ungeheuren Leistungswillen und Leistungsfähigkeit. 

 



Moderner Konic  - so etwa sahen die Schweiken aus
Moderner Konic 
 so etwa sahen die Schweiken aus

Es existierten in Ostpreußen also zwei  Zuchten, die beide gefördert wurden, deren Vertreter aber nicht miteinander gekreuzt wurden. Nach 1410 als die Macht des deutschen Ritterordens schwand, ging es auch mit dieser ersten Blüte der ostpreussischen Pferdezucht zuende.

Dreihundert Jahre später reglementierte und förderte Friedrich Wilhelm I.  die preußische Pferdezucht um ausdauernde und schnelle Remonten für seine Armee zu erhalten. Eine Reihe von alten Krongestüten, die aus der Ordenszeit erhalten geblieben waren, wurden zum staatlichen Stutamt Trakehnen zusammengeschlossen.

Trakehnens erste Zuchtherde  bestand aus 1100 Pferden, die sorgfältig ausgewählt wurden. 
Friedrich der Große bereits gab ihnen als Wagenpferden den Vorzug, weil sie den Weg  von Potsdam nach Berlin um eine halbe Stunde schneller zurücklegten als alle Gespanne anderer Zuchten. Sämtliche Rekorde auf der Strecke Ostpreussen - Brandenburg wurden von Kurieren mit Trakehner Pferden gehalten..

Trotzdem konnte in Ostpreußen von einer klaren Zuchtpolitik noch nicht die Rede sein, die Wende  kam es erst ab 1786.
Nun wurde Trakehnen Hauptgestüt und wurde damit das Zentrum der ostpreußischen Landespferdezucht. 
 
Der Oberlandstallmeister Graf Lindenau musterte zunächst den größten Teil der Hauptbeschäler und ca. die Hälfte aller Mutterstuten aus. Sein  Zuchtziel lautete: "fortschreitende Veredelung".
In den folgenden Jahrzehnten deckten auch einige orientalische Hengste und englische Vollblüter sowie deren Söhne in Trakehnen.

Elchbrand

Doppelte Elchschaufel am linken Hinterschenkel: 
Nachzuchten von anerkannten Stutbuchhengsten 
aus Stuten im Hauptregister und Vorregister I



Einfache Elchschaufel mit Schleife
Einfache Elchschaufel mit Schleife am, linken Hinterschenkel:
 Nachzuchten von anerkannten Stutbuchhengste 
aus Stuten im Vorregister II
Die Erfolge dieser Zuchtpolitik stellten sich prompt ein: Ostpreußen war bis 1918 mit bis zu 60.000 eingetragenen Stuten der größte Remontenlieferant für die Kavallerie. 

1787 wurde die berühmte Elchschaufel als Brandzeichen eingeführt, mit dem zunächst nur die Vertreter des Reitschlages, später aber alle im Hauptgestüt geborenen Pferde auf dem rechten Hinterschenkel gezeichnet wurden. 
Im gleichen Jahr gründete die Gestütsverwaltung das erste Landgestüt. 

 
Doppelte Elchschaufel klein
Doppelte Elchschaufel klein an der linken Halsseite: 
alle ins Hauptregister eingetragenen Stuten
Ab 1787 wurden die Zucht-Stuten in Trakehnen nach Farben in vier Herden aufgeteilt. Innerhalb dieser Herden jeweils ein einheitlicher Typ angestrebt.

Dies beeinflusste  wesentlich die Typgestaltung des ostpreussischen Pferdes. Es gab die gemischtfarbene Herde - in der man u.a. Schecken und orientalisch geprägte Schimmel fand - die braune Herde, sowie die berühmten Rapp- und Fuchsherden.



Einfache Elchschaufel
Einfache Elchschaufel kleine Form an linker Halsseite: 
alle ins Vorregister I eingetragenen Stuten,
an rechter Halsseite: alle ins Vorregister II eingetragenen Stuten

Mitte des 19. Jahrhunderts deckten 300 Hengste jährlich rund 15000 ausgesuchte bäuerliche Stuten. Es ist zu vermuten, daß über diese aus dem Landschlag stammenden Stuten doch noch die Schweiken ihren genetischen Anteil zu dem heutigen Trakehner lieferten.  

Es ist bekannt, das die Stuten aus Privathand gnadenlos auf Größe selektiert wurden. Die schönste, schnellste, ausdauerndste, kräftigste Stute wurde abgelehnt, wenn sie nicht ein Mindeststockmaß erreichte.

Gleichzeitig entstanden aber auch mehr als hundert Privatgestüte, die bis 1944 bestehen blieben.  
Im 19. Jahrhundert wuchs in Ostpreussen eine Warmblutrasse heran, die bereits als Veredlerrasse Einfluss auf andere Zuchten nahm. 

Ab 1926 wurden die potentiellen Beschäler geprüft auf ihre Leistungsfähigkeit, ihren Charakter und ihr Temperament. Das ein Jahr dauernde Training  des zweieinhalb jährigen  Hengstnachwuchses endete mit der Abschlußprüfung in Trakehnen. 

Anfang des 20. Jahrhunderts änderte sich die Zuchtpolitik erneut. Das Pferd wurde mehr als Arbeitspferd denn als Kavallerie-Remonte gebraucht. Nach dem Ersten Weltkrieg gelang die Umzüchtung auf ein edles, vielseitig verwendbares Sport- und Arbeitspferd durch verstärkte Einkreuzung von Vollblütern und "Verstärkerhengsten".  Grossen Anteil  trug der aus England stammende Vollblüter "Perfektionist xx", der leider nur 3 Jahre decken konnte. 56 seiner männlichen Nachkommen wurden zu Beschälern gekört, zu denen auch der legendäre, 1905 geborene dunkelbraune "Tempelhüter" gehört. Dieser Hengst ist heute noch das Symbol Trakehnens

"Tempelhüter", sein Vater "Perfektionist xx" und die Hauptbeschäler "Dampfroß",  "Pythagoras" und "Nana Sahib x"  waren die bedeutendsten Vererber dieser letzten und schillernsten Era des Hauptgestüts Trakehnen.

Der Zweite Weltkrieg setzte nicht nur dem Gestüt ein jähes Ende, sondern vernichtete fast die gesamte Pferderasse. Im Herbst 1944 mußte Trakehnen vor der näherkommenden Roten Armee innerhalb von drei Stunden evakuiert werden. Es begann der historische Treck - zum Teil über das Eis der Ostsee - nach Westen, wobei eine Selektion von unvorstellbarer Härte stattfand, der nie zuvor eine Pferderasse ausgesetzt war. 

Von 25000 eingetragenen Stuten und 800 gekörten Hengsten erreichten nur knapp 900 die westlichen Teile Deutschlands. Nur die zähesten, ausdauernsten, genügsamsten, kräftigsten und gesündesten Mutterstuten überlebten. Die Weiterzucht war schwierig, da 900 Individuen eine extrem schmale genetische Basis für die Weiterführung einer durchgezüchteten Pferderasse sind. Erschwerend war noch, dass oft die Abstammungsnachweise der Pferde nicht gerettet werden konnten. Viele Stuten waren zwar eindeutig anhand des Elchbrands zu identifizieren, es gab aber niemanden mehr, der noch ihre Abstammung kannte. Da ohne diese Stuten eine Wiederbelebung der Zucht kaum möglich gewesen wäre, wurden sie zu den sogenannten "Sammelstuten" im neuen Vorstutbuch zusammengefaßt. 

Um den klassischen Rassetyp zu erhalten, wurde das Stutbuch des neuen Verbandes geschlossen. Nur Veredler - also Vollblüter und Araber können noch aufgenommen werden. Das fast Unmögliche gelang aber durch unglaublichen persönlichen Einsatz einiger Leute: Die Zucht erholte sich wieder. Am 23. Oktober 1947 wurde der Verband der Züchter und Freunde des Warmblutpferdes Trakehner Abstammung e. V. (kurz: Trakehner-Verband) als Nachfolger der alten ostpreußischen Stutbuchgesellsehaft gegründet. 

Im Jahr 2000 waren beim Trakehner Verband Deutschland 4414 Stuten und 227 Hengste und 1599 Fohlen mit dem Elchschaufelbrand eingetragen. 

Der Trakehner wird mittlerweile außer in Deutschland auch in Polen, Dänemark, der Schweiz , den USA,  Kanada, Österreich, Frankreich, Neuseeland, England, Kroatien, Russland und Litauen gezüchtet.

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Stand: 01. Januar 2005
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